Für 2000 DKK vom Boot aus Eisbären sehen. Das scheint in Zukunft in Grönland möglich zu sein. Was für die Tourismusbranche nach einem lukrativem Geschäft klingt, bedeutet für die Eisbären einen weiteren Eingriff in ihr Leben.
Bereits im September fand die erste legale Eisbär-Safari in Qeqertarsuatsiaat, südlich der Hauptstadt Nuuk, statt. Der Reiseveranstalter Greenland Cruises nutzte die einmalige Chance, den Touristen eine Eisbärin und ihre zwei Jungen als Sightseeing-Attraktion anzubieten. Dafür segelten sie mit einem Boot auf die Insel und hielten aus dem Dorf heraus Ausschau nach den Bären. Inhaber Ivik Knudsen-Ostermann holte sich vorab das Einverständnis der Regierung, denn eigentlich ist das Aufsuchen oder Verfolgen von Eisbären gesetzlich verboten. Doch für diese einmalige Aktion bekam er grünes Licht.
Gesetzesänderung angekündigt
Einen Monat später wird die Eisbär-Safari noch einmal zum Thema der Nachrichten. Das Naalakkersuisut, die grönländische Regierung beschließt am 21. Oktober eine Gesetzesänderung, die das Eisbärwatching in Zukunft möglich macht. Bisher ist es laut §4 des Eisbärenjagd- und -schutzgesetzes verboten, Eisbären anzulocken, aufzusuchen, zu verfolgen oder zu stören. Davon ausgenommen ist die Verfolgung der Bären während einer erlaubten Jagd oder wenn die Bären aus der Nähe von Menschen verjagt werden müssen. Auch der Einsatz von Drohnen zur Verfolgung der Bären oder nur um Aufnahmen zu machen, ist untersagt. Zum neuen Jahr will das Ministerium für Fischerei, Jagd und Landwirtschaft das Gesetz zugunsten der Tourismusbranche abgeändert haben.
Eingriff in das Leben der Bären
Auch wenn Eisbärwatching den Tourismus auf der größten Insel der Welt ankurbeln könnte, darf das Wohl der Tiere nicht vergessen werden. Keinesfalls sollen die Bären gestört oder gar gejagt werden, versichert mir Ivik Knudsen-Ostermann per Mail. Es gehe lediglich um das Beobachten aus sicherer Entfernung, hauptsächlich vom Boot aus.
Eisbären stehen seit 2006 auf der Roten Liste der Weltnaturschutzorganisation IUCN. Sie gelten als anfällig und der Bestand der Tiere könnte in ca. 30 Jahren um 30 % schrumpfen. Fernando Ugarte vom Grönländischen Institut für nationale Ressourcen berichtet von einer Studie, die davon ausgeht, dass die meisten Eisbären bis zum Jahr 2100 verschwinden werden, wenn wir nicht bald unsere Treibhausgasemissionen drastisch senken. Die größte Gefahr für den Bären stellt die Klimaerwärmung dar. Doch auch die Menschen haben das Leben der Eisbären verändert.
2005 regulierte Grönland die Jagd von Eisbären und reagierte damit auf die Überjagung der Tiere. Es sei mehr im Interesse aller, Konflikte zwischen Eisbären und Menschen zu verhindern. Nicht nur das die Tiere in Notwehr erschossen werden, sondern auch, dass Menschen weniger in Gefahr geraten, sei Grund genug die Regeln zu verschärfen. Nichtsdestotrotz wird die Begegnung der beiden in Zukunft weiter wachsen, berichtet das norwegische Polarinstitut.
Eisbärstaaten verpflichten sich zum Schutz der Tiere
Im Circumpolar Action Plan von 2015 verpflichtete sich Grönland für sechs Regeln, die den Bestand der Eisbären schützen sollten. Dazu gehören der Schutz der Lebensräume, das Minimieren von Gefahren für das Tier und das Vermeiden von Konflikt zwischen Bär und Mensch.
Im Zuge der Klimaerwärmung wird die Mensch-Bär-Interaktion allerdings zunehmen. Grund dafür ist, dass das Meer nicht so lange vereist ist und die Bären somit gezwungen sind, sich mehr an Land und damit näher an den Menschen aufzuhalten. Diese Begegnung darüber hinaus noch für den Tourismus zu verstärken, spricht gegen die 2015 aufgenommenen Vorsätze. In dem Dokument steht, dass Eisbärwatching eventuell einen verspäteten negativen Einfluss haben kann, falls die Zahl der Touristen steige. Dabei besteht die Gefahr, dass Tourguides die Bären aktiv zur Schau stellen wollen und damit belästigen, um den Touristen zu geben, was sie wollen. Damit könnte sich in Zukunft das Verhalten der Eisbären ändern.
Trotzdem darf hier nicht vergessen werden, dass Eisbärwatching das Wissen und Bewusstsein über die Tiere erweitern kann. Das ist auch für Fernando Ugarte vom Naturinstitut ein nachvollziehbarer Grund das Eisbärwatching zu erlauben. Allerdings nur unter der Bedingung, dass die Tourismusunternehmen ordentlich nach den Regeln arbeiten, um die Eisbären so wenig wie möglich zu stören.
Die Frage zum Schluss ist also: Was ist wichtiger? Grönlands Tourismus anzukurbeln oder die Eisbären in Ruhe zu lassen?