Ein schlechtes Gewissen wegen der zwei SUV in der Garage und dem Shoppingwochenende nach New York? Dagegen gibt es ein probates Mittel: Nachhaltige Geldanlagen. Denn neuerdings erklären uns die Grünen, dass es beim Klimaschutz nicht in erster Linie auf das persönliche Verhalten ankommt, sondern dass allein die bösen Grosskonzerne für die Erderwärmung verantwortlich sind. Neben der Rohstoff- und Energie-Wirtschaft stehen auch IT-Konzerne auf der Anklagebank. Mit dieser neuen Strategie rechtfertigen „Letzte Generation“ & Co. zum Beispiel ihren Badeurlaub auf Bali zwischen zwei Verkehrsblockaden, aber es steckt mehr dahinter.

Kapitalisten mit eigenen Waffen schlagen

Während einige wenige die Strassen blockieren, setzt der grüne Mainstream vernünftigerweise auf weniger rabiate Methoden: Die Konzerne sollen mit ihren eigenen Waffen geschlagen werden: „Am besten, wir nehmen ihnen das Geld weg, so funktioniert der Kapitalismus! Öffentliche und private Gelder dürfen nur noch an Unternehmen vergeben werden, die das Klima nicht schädigen oder noch besser, die dazu beitragen, den CO2-Fussabdruck zu verringern. Damit wir die Geldströme richtig lenken können, müssen uns die Finanzinstitute grüne Kapitalanlagen anbieten“.

Zweifellos eine gute Idee. Allerdings mit einigen Pferdefüssen. Und wenn uns das 21. Jahrhundert etwas gelehrt hat, dann das: Die Finanzindustrie ist selten Teil der Lösung, sondern meist Teil des Problems.

Da es eine Tatsache ist, dass Anleger nicht auf Rendite verzichten wollen – seien es Privatanleger oder Institutionelle wie Pensionskassen – erzählen ihnen die Finanzinstitute, dass grüne Anlagen mehr Rendite abwerfen als normale. Die Argumentation geht so: Je grüner ein Unternehmen ist, desto höhere Erträge verspricht dies langfristig. Damit wird der Anleger eine Outperformance gegenüber den Klimasündern erzielen. Mit denen will niemand mehr etwas zu tun haben und über kurz oder lang werden sie verschwinden.

Win-win für eine bessere Welt

Der Anleger tut mit seinem grünen Investment Gutes und profitiert zusätzlich erst noch von höheren Renditen und Kursgewinnen. Win-win, was will man mehr? Und über kurz oder lang leben wir alle in einer besseren Welt, in der es nur noch grüne Unternehmen gibt.

Nur leider ist das zu kurz gedacht: Wenn sich alle auf die grünen Investments stürzen, muss auch der entsprechende Börsenkurs (gemessen an den erwirtschafteten Erträgen) steigen. Und bei den „Dreckschleudern“ fällt der Kurs, weil sie ein negatives Image haben und weniger nachgefragt werden. Mit anderen Worten: Ich bezahle mehr für grüne Anlagen, um eine bestimmte Dividende (oder andere Erträge) zu erwirtschaften. Gegenüber dem Anleger, der bei den „Schmutzfinken“ investiert und einen geringeren Preis pro Ertragseinheit bezahlt, verliere ich also Geld.

Es mag zwar sein, dass diese Unternehmen langfristig keine Zukunft haben (zum Beispiel, weil das Öl zur Neige geht oder das Rauchen verboten wird), aber es gibt solide wissenschaftliche Belege dafür, dass sie kurz- und mittelfristig deutlich höhere Renditen erwirtschaften als „saubere“ Unternehmen. Gerade in der IT erwischt der Klimabann aber auch Firmen, die durchaus auch langfristig Potenzial haben. So verbannen die meisten grünen Fonds Apple, Meta (Facebook) und Amazon konsequent von ihrer Anlagenliste.

Gebühren nicht vergessen

Das bringt uns zum zweiten Pferdefuss, den Gebühren. Da grüne Anlagen „in“ sind und von Medien, NGO und Anlageberatern gehypt werden, sind sie stark nachgefragt, weshalb entsprechende Fonds höher bepreist werden. Das wiederum verteuert grüne Geldanlagen.

Das dritte Problem besteht darin, dass grüne Produkte tendenziell eher aktiv als passiv gemanagt werden, da aus dem Anlageuniversum eine Auswahl getroffen werden muss, was zusätzliche Kosten verursacht, die sich ebenfalls negativ auf die Performance auswirken. Als Faustregel kann man davon ausgehen, dass aktives Management mindestens viermal so teuer ist wie passives, was in Zeiten niedriger Zinsen ein absoluter Killer war, aber auch im aktuellen Umfeld stark ins Gewicht fällt.

Doch was ist überhaupt „grün“?

Ungeklärt ist auch die Frage, was überhaupt eine „grüne“ Kapitalanlage ist. Regulierungen dazu sind auf dem Weg, auch unsere Finanzmarktaufsicht (Finma) engagiert sich mittlerweile gegen „Greenwashing“. Aber selbst sie kann sich der grundsätzlichen Problematik nicht entziehen, dass es gar nicht so einfach ist, zu definieren, was nachhaltig ist. So hat kürzlich die EU-Kommission auch Kernenergie und Erdgas als grün eingestuft, was aus Sicht der mittelfristigen Versorgungssicherheit durchaus vernünftig, für viele grüne Fundis aber inakzeptabel ist. Und welche Regulierung auch immer kommt, sie wird die „Produktionskosten“ für grüne Anlagen nicht senken, im Gegenteil.

Damit ist klar: „There is no such thing as a free lunch!“ Grünes Investieren kostet Rendite. Nichts im Leben ist umsonst, auch nicht der vielbeschworene „Impact“ und schon gar nicht ein gutes Klimagewissen. Aber das sollte uns schon etwas wert sein.

Dieser Beitrag erschien in weitgehend identischer Form in meiner Kolumne “Von Hensch zu Mensch auf inside-it.ch. Foto von Towfiqu barbhuiya auf Unsplash