Die 622 Eisen- und Stahlwerke zeichnen weltweit für rund elf Prozent der Kohlendioxidemissionen verantwortlich. Der Umbau auf eine klimaschonendere Produktion steckt noch ganz in den Anfängen. Beim derzeitigen Tempo dürften die für 2050 vorgesehenen Reduktionsziele um 90 Prozent verfehlt werden.

Roheisenabstich im im Hüttenwerk Třinecké železárny in Třinec, Tschechien (Bild: Darwinek)

Rund 3,5 Gigatonnen CO2 haben die weltweit 622 Stahlwerke im Jahr 2019 aus ihren Schloten in die Atmosphäre gepustet, wie die Experten von Globalenergymonitor.com ausgerechnet haben. Damit läge die Stahlindustrie auf der Länderliste auf Platz drei hinter China und den USA, aber noch vor Indien, Russland, Japan und Deutschland. Von 553 Stahlwerken sind Details zu deren Produktionsmengen und deren CO2-Emissionen bekannt. Sie repräsentieren 82 % der global vorhandenen jährlich Produktionskapazität von 2,453 Millionen Tonnen. Etwas mehr als die Hälfte dieser Kapazität findet sich in China, gefolgt von Japan (6 %) und Indien (4 %). Das illustriert die gewaltige Verschiebung aus den einstigen Hochburgen in Europa und den USA, die nur noch eine Randrolle spielen. Den 39 Stahlwerken in den USA, den 14 in Deutschland oder fünf in Grossbritannien stehen deren 261 in China gegenüber. Mehr als sechs von zehn Stahlwerken werden mit der besonders klimaschädlichen Kohle befeuert, die überwiegende Mehrheit findet sich in China. Eine deutlich geringere Rolle spielen Hochöfen, die mit Strom betrieben, der aus Erdgaskraftwerken gewonnen wird, und Kraftwerke, die auf eine Kombination beider Technologien setzen.

Es gibt also ausserordentlich viel zu tun, um die Stahlindustrie binnen von nur drei Jahrzehnten auf Klimakurs zu bringen. Das klimafreundliche Kraftwerk gibt es derweil erst auf dem Papier oder als Pilotprojekt im Kleinformat. Es würde entweder mit aus erneuerbaren Energien gewonnenem Wasserstoff betrieben, die Europäische Union verfolgt diesen Weg, oder mit Erdgas, dessen CO2 im Erdmantel erdgelagert würde. Technisch ist beides möglich, und die Realisierung im Grossprojekt scheint noch in diesem Jahrzehnt möglich. Das bringt die Stahlkonzerne in die Bredouille, von denen sich über ein Dutzend zur Klimaneutralität bis 2050 verpflichtet hat. Denn mit der gegenwärtigen Flotte und jenen Stahlwerken, die in naher Zukunft erneuert oder neu gebaut werden, liegt dieses Ziel in unerreichbarer Ferne. Die Internationale Energieagentur hat ausgerechnet, dass der Stahlsektor bei diesem Szenario bis 2050 mit 65 Gigatonnen CO2 rund 15 Prozent der für das 1,5 Grad-Ziel verbleibenden 440 Gigatonnen beanspruchen würde. Mit den neuen Technologien liessen sich alleine drei Viertel dieser Emissionen vermeiden. Der Rest könnte mit Effizienzsteigerungen zu schaffen sein. Das bringt jene Firmen, die weltweit 42 neue Hochöfen mit einem Investitionsvolumen von 70 Milliarden US-Dollar planen, in die Bredouille. Denn die aktuellen Projekte setzen mehrheitlich nach wie vor auf Kohle – bei Laufzeiten von bis zu vier Jahrzehnten. Das verbietet sich eigentlich von selbst, sollen die Klimaziele denn auch ernst genommen werden. Es stellt sich allerdings auch die Frage nach der momentanen Notwendigkeit. Denn weltweit gibt es gewaltige Überkapazitäten – im Coronajahr 2020 blieb jeder fünfte Hochofen ausser Betrieb.