Swissnuclear, der Branchenverband der Schweizer Atomkraftwerksbetreiber, legt sich in einem Positionspapier fest: Es braucht die Atomenergie für die Schweizer Energiewende. Das überrascht nicht, ebensowenig die Einschätzung des Atomstroms als «klimafreundlich». Überraschend ist vielmehr: Mit keinem Wort wird der Bau neuer AKW’s gefordert. Das ist eine stillschweigende Bestätigung der Schweizer Energiepolitik, die in der Atomkraft keine Zukunft mehr sieht.

Die nach der Abschaltung des AKW Mühleberg Ende 2019 verbliebenen drei Atomkraftwerke in der Schweiz haben kein Ablaufdatum. Sie dürfen solange weiterbetrieben werden, als dass sie als sicher gelten, was wohl auch heisst: als dass sie noch rentabel betrieben werden können. Diesem Ausstiegsszenario hat die Schweizer Bevölkerung an der Urne ihren Segen gegeben. Nun legt sich Swissnuclear, der Branchenverband der Schweizer Kernkraftwerksbetreiber in einem Positionspapier «Klimaschutz und Kernenergie» fest, ohne das Kind beim Namen zu nennen. Es braucht die Atomkraft, um die Energiewende zu schaffen, aber es braucht dazu kein neues Atomkraftwerk. Das ist eine Bestätigung der Schweizer Energiepolitik, wie sie 2017 mit dem Energiegesetz in die Wege geleitet worden ist. Man darf die Formulierung, dass die bestehenden Atomkraftwerke «so lange wie möglich am Netz bleiben», durchaus dahingehend interpretieren, dass man auf staatliche Schützenhilfe hofft, wenn es wegen notwendiger Investitionen in die Sicherheit der Anlagen knapp wird auf dem Konto. Man kann das Argument, dass es gescheiter ist, die AKW’s weiter zu betreiben als ein Gas-Kombi-Kraftwerk zu bauen, um befürchtete Stromlücken zu schliessen, nachvollziehen. Und es steht auch ausser Zweifel, dass es sehr ambitioniert ist, bis 2050 die nur durch erneuerbaren Strom zu schaffende Klimaneutralität ohne Atomstrom zu erreichen. Stutzig macht indes die Behauptung, das Energiesparpotenzial sei weitgehend ausgeschöpft. Man muss nur an den Gebäudepark denken, um diese Behauptung zu widerlegen. Dort hat man noch nicht einmal richtig damit angefangen. Stutzig macht auch das komplette Ausblenden der ungelösten Frage nach einem atomaren Endlager. Doch dem gegenüber steht die offensichtliche Einsicht, dass die zivile Nutzung der Atomenergie in der Schweiz in absehbarer Zeit ein Ende finden wird. Dazu gibt es, neben der mangelnden Wirtschaftlichkeit neuer AKW’s, noch einen handfesten Grund: Es ist viel zu spät dafür. Neben einer notwendigen Gesetzesänderung, die mit Sicherheit zu einer Volksabstimmung mit sehr ungewissem Ausgang führen würde, wäre mit extrem langen Genehmigungsverfahren und Bauzeitverzögerungen zu rechnen, die schon eine Inbetriebnahme vor 2050 als unrealistisch erscheinen lassen. Dieser Zug ist abgefahren.

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