Donald Trump’s Regierung hat in der US-amerikanischen Umwelt- und Klimapolitik einen Scherbenhaufen hinterlassen: Destruktive Deregulierung, Personalabbau in den zuständigen Ministerien und das komplette Negieren des Klimawandels machen es der Nachfolgeregierung unter Joe Biden schwer, aufzuräumen und sich auf die Suche nach konstruktiven Lösungen zu machen.
«Trump verdient ein Sonderlob für die Zahl der Vorschriften, die er in seiner Amtszeit für nichtig erklärt hat. Er ist ein Führer, der seine politischen Visionen verwirklicht». Die an US-Präsident Donald Trump gerichteten, hymnischen Worte hätten auch aus dem Mund eines Öl- und Gas-Lobbyisten stammen können. Doch es war Innenminister David Bernhardt, seit 2. Januar 2019 im Amt, der seinen Chef so überschwänglich feierte. Es ist sehr gut möglich, dass er sie auch geäussert hätte, wäre er von Trump nicht in dieses Amt berufen worden. Bernhardt hatte während Jahren die Interessen verschiedener Bergbau- und Erdölunternehmen vertreten. Die Lobbyistenorganisation Independent Petroleum Association of Ameria brüstete sich schon kurz nach seinem Amtsantritt mit ihrem direkten Draht ins Innenministerium, das auch für die Umweltgesetzgebung zuständig ist.
Ein harter Knochen
Damit ist nach der Abwahl von Donald Trump jetzt Schluss. Auch Daniel Bernhardt wird am 20. Januar 2021, wenn der neue US-Präsident Joe Biden sein Amt antritt, seinen Sessel räumen müssen. Doch die neue Administration wird noch lange am Knochen zu nagen haben, den die Vorgänger hinterlassen haben. Man ist geneigt, das von den neoliberalen «Chicago-Boys» in der Pinochet-Diktatur Chiles in den 1970er-Jahren geprägte Wort von der «schöpferischen Zerstörung» auf Trump’s Umwelt- und Klimapolitik zu übertragen. Tatsächlich hatte Trump im Wahlkampf 2016 versprochen, das Umweltministerium bis «auf wenige Häppchen» abzuwickeln. Es kam zu einem personellen Exodus Hunderter Fachleute. Ann Wiliamson, die 33 Jahre unter Präsidenten beider Parteien gedient hatte, schmiss ihren Job im März 2018, nachdem sie sich geweigerte hatte, Trumps Kürzungspläne umzusetzen. «Ich wollte nicht mehr länger Teil dieses administrativen Unsinns sein». Es sei nichts weniger als die «Weigerung, politische Entscheide basierend auf der Notwendigkeit» zu fällen. Dabei war das Budget, rund acht Milliarden US-Dollar, nicht einmal nennenswert gekürzt worden. Stattdessen wurde ein Programm verfolgt, das die «Überregulierung» der Vorgänger-Regierung zurückgenommen werden sollte, die der Industrie vor allem Lasten auferlegten. Doch die Trump-Administration ging weit darüber hinaus. Mehr als 125 Umweltvorschriften wurden aufgehoben oder abgeschwächt: In 42 Fällen ging es nach einer Aufstellung der Washington Post um die Klima- und Emissionspolitik, in 12 um Infrastrukturprojekt, in neun um Gewässerverschmutzung, in sechs um Schutz vor Chemie-Unfällen, und in 37 um Vorschriften in Bergbau sowie Öl- und Gasförderung. Es ging dabei bei weitem nicht nur um den Austritt der USA aus dem Klimaschutzabkommen. So wurden amtliche Kontrollen im Bergbau aufgehoben oder Fristen verlängert, der Bergbau in Naturschutzgebieten zugelassen oder die Effizienz-Vorschriften für Geschirrspüler gelockert. Weitere 40 Deregulierungen sind in Vorbereitung, und es kann gut sein, dass sie in der noch verbleibenden Amtszeit auch umgesetzt werden. Aus der Trump-Administration hiess es beschönigend, es gehe um eine Umweltagenda, die «sich praktisch umsetzen lasse». In der Praxis bedeutete das einen Kahlschlag der Umweltregeln, der in vielen Fällen nur darauf abzuzielen schien, die Umsetzung bis zum Wiederwahltermin zu verzögern. In nicht weniger als 89 Fällen klagten Umweltgruppen, Bundesstaaten oder Gesundheitsorganisationen. 36 sind noch hängig, in 37 Fällen gewannen die Kläger, in 17 die Trump-Administration. So hat ein Gericht die Verzögerung bei der Umsetzung einer Verordnung zur Reduktion der Methan-Emissionen bei der Gasförderung als zulässig erklärt, während eine Bestimmung zur Trennung von quecksilberhaltigen Abwässern in Zahnpraxen umgesetzt werden musste, nachdem es zu Verzögerungen gekommen war. Die Lockerung der Emissionsvorschriften für Kohle- und Gaskraftwerke konterkariert diese Einschränkung: Es darf wieder weit mehr Blei aus den Kaminen gepustet werden. Das Methan, eines der schlimmsten Klimagase, gelangt derweil noch immer in die Atmosphäre, nachdem zwei Umsetzungsverordnung des Umweltministeriums von Gerichten als unzulässig erklärt worden waren.
Tausende Umwelttote
In der Summe, rechnet die New York Times vor, dürfte es nicht nur zu einer signifikanten Steigerung der Klimagasemissionen kommen, sondern auch zu mehreren tausend Toten, die der schlechteren Luftqualität zum Opfer fallen werden. Es wird Jahre brauchen, um diesen Scherbenhaufen wieder aufzuräumen. Noch können diese Folgen nur abgeschätzt, aber nicht gemessen werden. Der von «Climate Analytics» in Berlin herausgegebene, unabhängige wissenschaftliche «Climate Action Tracker», der mit einem Ampelsystem die Klimapolitik der Länder bewertet, hat die Untätigkeit der Trump-Administration mit Blick auf das komplette Fehlen von Klimaschutzmassnahmen in den Covid19-Beschlüssen auf den niedrigsten Wert herabgestuft: «kritisch unzureichend». Mit dieser Politik wäre mit einer Erwärmung von vier Grad zu rechnen.
Es gibt viel zu tun
Die Klimabilanz Trump’s der ersten drei Präsidentschaftsjahre gibt aber auch Anlass zu Hoffnung. Denn trotz aller Versprechungen, die Kohleindustrie zu fördern, ging der Kohleabsatz um drei Prozent zurück, während erneuerbare Energien um elf Prozent zulegten. Der Rückgang der Emissionen für das Jahr 2019 war, wie die Internationale Energieagentur ausgerechnet hat, vor allem auf diesen Rückgang zurückzuführen, dazu kam ein ungewöhnlich milder Winter. Tatsächlich war der Rückgang der Emissionen der grösste weltweit. Das lässt primär auf das nach wie vor grosse Potenzial für weitere Verbesserungen schliessen. Denn viele andere Länder sind den USA längst enteilt. Und ein Blick auf die kumulierten CO2-Emissionen seit Mitte des 19. Jahrhunderts zeigt die historische Verantwortung der Amerikaner. Sie liegen um fast das Doppelte über jenen Chinas. Und noch eindrücklicher zeigt dies der Blick auf die Emissionen pro Kopf. Während die USA mit über 16 Tonnen nicht weit hinter den Ölförderstaaten liegen, bringen es Europa und China auf knapp sieben Tonnen. Es gibt viel zu tun, und es bleibt zu hoffen, dass sich die Biden-Administration nicht nur mit der verheerenden Hinterlassenschaft Trumps herumschlagen muss, sondern sich auch der inzwischen wieder deutlich ehrgeizigeren Klimaziele widmen kann.